Meislahnsfelde

Großenbrode, um 1900
Großenbrode um 1900 - von Großenbroderfähre über Heinrichsruh bis Meislahnsfelde

Jürgen Meislahn Kruse hatte nördlich von dem Dorf Großenbrode einen größeren Landbesitz zusammengekauft. Einen Teil trennte er 1860 wieder ab und übergab es seinem Sohn Hans Kruse. Auf einem Feld, etwas südlich von Heinrichsruh, wurde dann um 1863 sein neuer Aussiedlerhof erbaut. Aufgrund früher Geschehnisse - 1858 brannte das alte Heinrichsruh ab - entschied man sich jetzt dafür das Haupthaus der neuen Hofstätte mit einem festen Mauerwerk aus Backsteinen zu erstellen. So etwas war zu dieser Zeit in Großenbrode noch nicht sehr verbreitet und setzte sich erst im folgenden Jahrhundert durch.

Das Wohnhaus hatte neben zwei heizbaren Stuben vier weitere Kammern, eine Küche und sogar einen Keller. Zusätzlich besaß das Gehöft noch eine Scheune und auf der anderen Seite des Weges in Richtung Moor ein Backhaus. Das Gehöft erhielt den Namen Meislahnsfelde.

Nach dem frühen Tod von Hans Kruse im Jahre 1864 verkaufte seine Witwe den Hof an Franz Grümmer, bzw. an seine Frau Dorothea, geborene Westensee, welche die eigentliche Inhaberin der Stelle war.

Bereits um 1927 wurde der Hof wieder abgebrochen, die Backsteine verkauft und anderweitig verwendet. Das Land von Meislahnsfelde kaufte der Besitzer von Heinrichsruh hinzu. Die Familie Franz Grümmer führte zu diesem Zeitpunkt bereits den zweiten Gasthof des Dorfes, den späteren Landkrug.

Ablösung der Reallasten 1874

Durch das Gesetz zur Ablösung der Reallasten im Jahre 1873 wurde den Landgemeinden die Möglichkeit geschaffen ihre Naturalabgaben an den Gutsherrn, Kirche, Küster und Pastor abzulösen. Im Jahre 1874 war es dann soweit. Das ehemalige Dienstgeld, welches die jeweilige Hofstelle an den Gutsherrn von Löhrstorf jährlich in Form einer Rente entrichten musste, wurde durch eine Zahlung in Höhe des 20-fachen Betrags abgelöst.

Franz Grümmer sollte erst per Vertrag vom 27.04.1874 für seine Hufe eine Ablösung von 776 Reichsthaler zahlen. Am 2.12.1874 wurde diese Ablösung der Reallasten allerdings korrigiert, da er nur eine Rente von 34 Thaler und 27 Silbergroschen zahlte. Somit musste er nur 698 Thaler entrichten. Wie hoch die Summe im Vergleich zu heute gewesen ist, mag vielleicht nachfolgende Untersuchung zeigen.

Besitzer Rente Ablösung Hofstelle
Babbe, Wilhelm 12.24 256 Hufe
Beeckmann, J. J. T. 20.12.9 588.15 Hufe
Bichels, Jürgen 1.29.3 39.15 Inststelle
Büssow, Heinr. Fr. 9.26.7,5 197.22.6 Inststelle
Damlos, Anna (Witwe) 1.11.3 27.15 Käthnerstelle
Grümmer, Franz 34.27 698 Hufe
Harloff, Johs. Wilh. 40.8.3 805.15 Hufe
Haye, Claus 4.26.3 97.15 Käthnerstelle
Haye, Jochim -.9 6 Inststelle
Haye, Matth. H. F. 37.10.6 747 Hufe
Haye, Peter 28.13.10,5 569.7.6 Hufe
Höppner, Peter Fr. 3.23.3 75.15 Käthnerstelle
Jürgens, Wilheln 35.17.3 711.15 Hufe
Koopmann, Detl. H. 8.13.6 169 Hufe
Kruse, Detlef 19.15.4,5 390.7.6 Hufe
Kruse, Johann (Minorenn) 26.7.6 525 Hufe
Kruse, Jürgen Fr. (Junior) 37.6.9 744.15 Hufe
Kruse, Jürgen Fr. (Senior) 48.22.6 975.7.6 Hufe
Kruse, Martin 3.15.9 70.15 Inststelle
Kruse, Peter Friedr. 6.2.3 121.15 Inststelle
Kruse, Peter Georg 29.19.6 593 Hufe
Kühlsen, Hans Detlef 31.15.4,5 630.7.6 Hufe
Küllsen, Henning 3.24 76 Inststelle
Küllsen, Vester 34.13.10,5 689.7.6 Hufe
Maack, Anna (Witwe) 13.10.6 267 Hufe
Maack, Chr. (Witwe) 15.12.9 308.15 Hufe
Maack, Peter 1.27.9 38.15 Inststelle
Melander, Christian 3.3.9 62.15 Inststelle
Melander, Jochim -.5.3 3.15 Inststelle
Reise, Claus 45.22.1,5 914.22.6 Hufe
Reise, Hinrich  1.15.9 30.15 Inststelle
Reise, Jürgen 46.21 934 Hufe
Reise, Peter 1.13.10,5 29.7.6 Inststelle
Schlichting, Anna M. 1.27.4,5 38.7.6 Inststelle
Schwartz, August 40.28.6 819 Hufe
Steffen, Hans J. 2.21 54 Inststelle
Treu, Jochim 83.13.3 1671.15 Hufe
Voss, Christ. Friedr. 2.6.9 44.15 Inststelle
Wohler, Peter Meisl. 41.22.6 835 Hufe

Die Beträge links in der Tabelle sind in Thaler.Silbergroschen.Pfennig angeben, wobei:

1 Thaler = 30 Silbergroschen
1 Silbergroschen = 12 Pfennig

Wie hoch war die Ablösesumme?

Hierzu hilft ein Blick in frühere und heutige Statistiken, ein Gang zum Markt und ein Taschenrechner.

Ein 18-jähriger Stallhelfer verdiente 2003 in Schleswig-Holstein laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit "Tarifverträge und Tätigkeiten mit Stundenentgelten bis zu 6 Euro, Stand Dezember 2003" 4,17 Brutto, was ca. 3,26 Netto entspricht.[3] Dieses Beispiel stellt nicht die unterste Grenze der Niedriglöhne in Deutschland dar, sondern wurde aus regionalen und berufsfeldbezogenen Gesichtspunkten für den nachfolgenden Vergleich gewählt.

Aus der Amtpresse Preußens "Neueste Mittheilungen vom 12. Juli 1883" ergibt sich, dass ein Tagelöhner 1882 durchschnittlich 20 Pfennig die Stunde verdiente.[4] Wobei andere Untersuchungen belegen, dass zu dieser Zeit in Ostholstein sicherlich -wenn überhaupt- nur die Hälfte davon gezahlt wurde und zu einer verstärkten Auswanderung führte.[5] Der Brotpreis belief sich zu der Zeit auf durchschnittlich 24 Pfennig für ein Kilo Roggenbrot.

Damals noch nicht industriell, mit viel Handarbeit und Vollkornmehl aus der Umgebung von ökologisch unbelasteten Feldern hergestellte Brote sind heute am ehesten mit Bio-Vollkornbroten zu vergleichen. Nach eigener Erhebung in Paderborn im Mai 2008 kostet ein solches 1000g schweres Bio-Roggenvollkornbrot auf dem Markt 4 Euro.

Somit mussten solche Berufsgruppen aus dem Niedriglohnsektor für ein Brot früher durchschnittlich 1 Stunde und 12 Minuten und heute -man glaubt es kaum- 1 Stunde und 13 Minuten arbeiten. Es hat sich also in den über 100 Jahren für die unteren Berufsgruppen nicht viel geändert, was sicherlich erschreckend ist aber zusätzlich zeigt, durchaus mit "normierenden Broten" rechnen zu können.

1 Thaler = 15 Brote = 60 Euro

Die Ablösung der 39 Hofstellen betrug durchschnittlich 408 Taler, 15 Groschen und 9 Pfennig, entsprechend 147.069 Pfennig, bzw. 6.128 Brote. Somit entspräche die durchschnittliche Ablösesumme heute etwa 24.500 Euro.

Aber was sagt schon der Durchschnitt? Beispielsweise hätte der Inste Jochim Melander heute "nur" etwa 200 Euro, mein Vorfahr Franz Grümmer etwa 42.000 Euro und der Hufenbesitzer Jochim Treu sogar um die 100.000 Euro zu zahlen.


Hofgrößen um 1901

Im Jahre 1901 wird in der Hebeliste für die Landwirtschaftskammer für den Hof von Franz Grümmer eine Größe von 27,781 ha ausgewiesen.

Besitzer Land (ha)
Babbe, Wilhelm 25,8864
Bössow, Heinrich   6,6872
Braker, August   6,6872
Grümmer, Franz 27,7810
Harloff, Johannes 36,2376
Haye, Heinrich 34,7002
Herzog, Margarethe 39,1188
Kleingarn, Johannes 55,4153
Kruse, Detlef 19,4840
Kruse, Georg 39,7815
Kruse, Hans Friedr. 32,4397
32,4753
Kruse, Julie   7,7818
Kühlsen, Martin 31,6308
Maack, Peter 15,9710
  0,8712
Maack, Wilhelm 18,2443
Melander, Heinrich   5,2971
Mess, Theodor 20,6295
Oxen, Philipp 16,5066
Reise, Amalie 28,8263
Reise, August 10,3359
Reise, Heinrich 40,2374
Reise, Julie 33,4910
Schmütz, Fritz 12,8471
Schütt, Caroline 16,6696
Schwartz, Christian 57,3056
41,7724
15,7807
Stahl, August   6,4621
Wohler, Markus 42,3916
   
Gemeinde 84,9444
Schlüter, Johann Christian (Pastor) 56,7429
Westphal, Adolf Dietrich August (Organist)   4,1118

Etwas abgesetzt und nicht alphabetisch eingeordnet sind die Sonderbesitzungen der Gemeinde und der Kirchendiener am Ende der Tabelle zu finden.

Im Gegensatz zu den hier 30 genannten Besitzern wurden 1805 noch 84 Namen genannt, wobei die Hofgrößen allerdings sehr viel kleiner waren.


Landkrug (Gasthof zur Erholung)

Von Heinrich Kruse 1875 eingerichtet, übernahm die Witwe Julie Kruse nach dem Tode ihres Mannes Heinrich Marcus Jürgen Kruse im Dezember 1891 eine zeitlang den Krug, bevor der "Gasthof zur Erholung" von ihrem Schwiegersohn Franz Grümmer weitergeführt wurde.

Feuerwehr

Eine Feuerwehr mit einer Organisation wie im heutigen Sinne gab es vor dem 20. Jahrhundert noch nicht. Vielmehr war jeder Mann zwischen 16 und 60 Jahren dazu verpflichtet im Fall des Falles zu helfen. Darüber hinaus gab es eine Gilde in der sich die Bürger organisierten. Hier hatten vier Brandmänner die Aufgabe, die Feuerstellen bei den Gildemitgliedern zu kontrollieren. Im Jahre 1872 wurde neben Fritz Junge, Peter Külsen und Fritz Kruse auch Franz Grümmer in der Brandgilde zum Brandmann gewählt.

Freiwillige Feuerwehr Großenbrode, 1908
Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Großenbrode, 1908
Hinten: J.Bössow, A.Haye, H.Stapp, H.F.Kruse, J.P.Kruse, T.Oxen, C.Steffen, J.Bichels
Vorne: J.Schmütz, H.Haye, W.Haye, E.Bendt, H.Stahl, A.Storm, T.Reise, A.Reise, J.Wilken, H.Boldt, K.Ehler, K.Baumgarn, A.Krell, H.Voß, W.Haye, F.Grümmer

Die Freiwillige Feuerwehr Großenbrode, die in ihrer Organisation bis heute fortbesteht, wurde 1905 gegründet. Bei der Gründungsversammlung traten sofort 27 Mann ein. Woraufhin einen Monat später die aktiven Mitglieder persönlich vom Landrat des Kreises Oldenburg vereidigt wurden.

Auch wenn heutzutage weniger Brände als früher gelöscht werden müssen, hat die freiwillige Feuerwehr im Dorfleben ihre starke Bedeutung für die Gemeinschaft erhalten.


Einwohnerzahl von Großenbrode

Einige Zahlen zur Einwohnerentwicklung von Großenbrode zeigen eine stetige Abnahme der Bevölkerung.

1867 - 573
1900 - 464
1933 - 424

Dies änderte sich erst mit der Einrichtung des Fliegerhorstes und dem späteren Aufschwung durch den Fremdenverkehr. Heute leben in der gesamten Gemeinde Großenbrode wieder ca. 2100 Einwohner, wobei der Wert allerdings nicht direkt mit den vorhergehenden Einwohnerzahlen des Dorfes Großenbrode, ohne Lütjenbrode und Klaustorf, vergleichbar ist.

Kriegsverluste

Obwohl in Großenbrode 1936 ein Fliegerhost eingerichtet wurde, blieben die Großenbroder größtenteils von den anderorts zu beklagenden Angriffen der Alliierten und daraus resultierenden Schäden und Verlusten verschont. Nichtsdestotrotz waren am 25.8.1944 bei einem Bombenangriff - der sicherlich dem Fliegerhorst galt - zwei Tote zu beklagen. Dieses waren laut mündlicher Aufzeichnung Frau Kurth und der Arbeiter Grümmer. Bei einem weiteren Bombenangriff auf das Dorf waren am 26.4.1945 allerdings über 30 Opfer zu beklagen. Natürlich blieben auch einige Großenbroder, die ihren Dienst als Soldaten verrichteten, im Krieg. Eine Gedenktafel, die 1956 in der Kirche von Großenbrode angebracht wurde, zeugt davon. Doch bleibt eine genaue Aufstellung Mangels genauer Aufzeichnungen unvollständig.

Weiterführende externe Links:
- Das offizielle Portal der Stadt Großenbrode
- Die freiwillige Feuerwehr Großenbrode
- Staatsbibliothek Berlin - Amtspresse Preußens
Quellen:
1) Grossenbrode - Werdegang eines ostholsteinischen Dorfes, Bogs, 1990
2) 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Großenbrode, Festschrift, 2005
3) Tarifverträge und Tätigkeiten mit Stundenentgelten bis zu 6,00 Euro, Bundestagsdrucksache 15/2932, 19.4.2004
4) Neueste Mittheilungen, Klee (Hg.), 12.7.1883
5) Ländlicher Arbeitsmarkt und Auswanderung auf Fehmarn im späten 19. und fühen 20. Jahrhundert, Wieske
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